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Vorschau auf „Halbes Haus und ganzes Glück“

Wer mein Buch „Altes Haus und neues Glück“ gelesen hat, der kann sich vielleicht an Alexandras Freundin Katja erinnern. Mein aktuelles Roman-Projekt dreht sich nun um ihr Schicksal.

Wer neugierig darauf ist, der kann schon mal in ein Kapitel der Rohfassung hineinlesen:

6. Kapitel

Zuerst einmal passierte nichts. Katja hörte zwar an den Geräuschen von nebenan, dass die Wohnung nicht mehr leer stand, aber die befürchteten unschönen Szenen blieben aus. Trotzdem konnte sie sich nicht wirklich entspannen (anderes Wort?) und fühlte sich wie ein gespannter Bogen.
Allerdings fand sie es recht seltsam, dass der Maler scheinbar allein nach Kuhfahl gekommen war. Der dicke Mercedes stand jedenfalls nicht vor dem Haus. War die garstige Carsta allein nach Hamburg zurück. Es schien tatsächlich so zu sein, denn sie hörte zwar Musik und das Rücken von Stühlen und klappern von Türen, aber keine Gespräche. Das war wirklich eigenartig. Hatte der Typ denn nichts zu tun? Was war mit seiner Arbeit? Wenn sie Edelgard richtig verstanden hatte, dann war er selbstständig. Welcher Mensch konnte es sich leisten seine Firma eine Woche allein zu lassen und dafür in so einem Nest wie Kuhfahl Urlaub zu machen? Etwas anderes würde es ja nicht sein. Er ging höchstens mal zum Spazierengehen aus dem Haus. Ansonsten blieb er in der Wohnung und schien nichts zu machen. Katja hatte sich gedacht, dass er als Erstes Edelgards Einrichtung entsorgen und die Zimmer neu malern würde. Aber das hätte sie gehört. Obwohl sie die Tasse im Schrank ließ, war sie sicher, dass nebenan nicht renoviert wurde. Die Nachbarwohnung war gemütlich eingerichtet, hatte moderne Geräte und viele Bücher. Aber trotzdem! Edelgard war eine alte Frau gewesen, keinesfalls würde Carsta den gleichen Geschmack besitzen. So wie die sich immer aufführte, wäre das Beste vom besten gerade gut genug für sie. Vielleicht war sie in Hamburg und suchte nach neuen Einrichtungsgegenständen? Aber eigentlich war das halbe Haus viel zu kein für solche verwöhnten Ansprüche! Selbst das ganze Hüttchen würde ihr sicherlich nicht reichen! Die ganze Sache war von vorn bis hinten komisch! So sehr Katja auch überlegte, sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
Ob sie es wollte oder nicht, morgens beim Aufstehen und abends beim Nachhausekommen lauschte sie ob sich nebenan etwas tun würde. Der Typ war ein echter Langschläfer. Wenn sie aus dem Haus ging, dann schien er noch fest zu schlafen. Das glich er am Abend dann reichlich aus. Sie lang schon lange im Bett, wenn sei durch die Wand noch immer leise Geräusche und sanfte Musik vernahm. Zum Glück stand er nicht auf Rapp und Hiphop. Beide Sachen waren Katja ein Graus. Die Töne von nebenan klangen irisch, verträumt und harmonisch. Das war genau das Richtige um sie sanft in den Schlaf zu wiegen. Schon nach wenigen Tagen hatte sie sich an diese Nachtmusik gewöhnt und war enttäuscht, wenn sie ausblieb.
Als sie sich eines Abends mit einem Buch auf der Bank hinter ihrem Haus gemütlich machte, hörte sie von nebenan sanftes Stimmengemurmel. Früher einmal war der kleine Garten hinter dem Haus von ihr und Edelgard gemeinsam genutzt worden. Beide Wohnungen hatten einen Hinterausgang der auf eine von Büschen und Blumen umsäumte Wiese führte. Eine der wenigen Veränderungen, die ihre neuen Nachbarn eingeführt hatten, war es, einen dieser hässlichen Trennwände aus dem Baumarkt aufzustellen. Damit war der Rasenplatz sozusagen in zwei Teile zerlegt. Katja tat sich anfangs schwer mit dieser Lösung, musste aber nach dem Zusammenstoß mit Carsta vor sich selbst zugeben, dass sie froh darüber war. Sie hatte absolut keine Lust, in ihrem wohlverdienten Feierabend, wie eine Zielscheibe für die übellaunige Nachbarin im Garten zu sitzen. Das Gemurmel, welches an ihr Ohr drang, war eindeutig männlich. Mit wem mochte der Nachbar wohl sprechen? Ob er telefonierte? Aber so klang es nicht. Dazu war die Tonlage viel zu sanft und leise. Während sie noch grübelte, mit wem er sich unterhielt, lies ein empörtes »Au« sie aufspringen. Im gleichen Moment schoss der Kater unter der Trennwand hindurch und der Kopf ihres Nachbarn erschien oberhalb des Zaunes. »Kleiner, schwarzer Teufel du!«, rief er dem Kater hinterher. Dabei klang er allerdings nicht verärgert, sonder eher belustigt.
Als er sich abwenden wollte, entdeckte er Katja, hinter der, der gescholtene Deckung suchte. »Guten Abend und Entschuldigung, ich wollte nicht stören.« Dann setzte er noch hinzu: »Der Frechdachs hat mich gekratzt. Erst lässt er sich von mir mit leckeren Sachen verwöhnen und dann zeigt er die Krallen! Ist das ihr Tier?«
Katja stand auf und trat etwas näher an den Sichtzaun heran. Im Sitzen zu antworten kam ihr reichlich blöd vor. »Das ist Scheißerchen. Der gehörte mal ihrer Tante Edelgard. Nach ihrem Tod hatte er niemanden, der sich um ihn kümmerte und so ist er bei mir gelandet.« Misstrauisch beäugte sie ihr gegenüber. Der würde doch den Kater nicht für sich beanspruchen? Sie hatte eine Menge Geld für das Tier ausgegeben und außerdem war es ihr echt ans Herz gewachsen. Kampflos würde sie Scheißerchen nicht den Nachbarn überlassen.
Nebenan schien man zu ahnen, was Katja dachte und der Mann hob beschwichtigend die Hände, ohne sich jedoch über den seltsamen Namen zu äußern. »Keine Sorge, ich erhebe keinen Anspruch auf den Schwarzen. Katzen sind sowieso ziemlich eigensinnig in der Wahl ihrer Menschen. Selbst wenn ich wollte, dass er bei mir wohnt, würde es nichts bringen, falls er anderer Meinung ist.« Der Nachbar schwieg und besah sich einen langen Kratzer am linken Arm, der zum Glück nicht stark blutete.
Katja entfuhr ein erschrockenes »Oh«. Da hatte Scheißerchen ja richtig zugelangt! »Es tut mir leid, was er ihnen angetan hat.«, schüttelte sie den Kopf. »So kenne ich ihn gar nicht.« Dann fiel ihr etwas ein: »Haben sie ihn etwa hochgehoben?« Als ihr Gegenüber nickte, war ihr klar, warum das Tier gekratzt hatte. »Scheißerchen ist vor kurzem ziemlich verletzt nach Hause gekommen. Ich musste mehrmals mit ihm nach Pritzwalk in die Tierklinik. Vielleicht hat er gedacht, wenn er hochgehoben wird, dann geht es nochmals los und er bekommt wieder so eine fürchterliche Spritze. Davor hat der alte Raufbold nämlich ziemliche Angst.«
»Ich auch«, grinste der Mann auf der anderen Seite des Zaunes und streckte ihr seine unverletzte rechte Hand entgegen. »Ich bin Georg. Wir hatten einen ziemlich miesen Start. Vielleicht sollten wir noch einmal ganz von vorn anfangen. So von Nachbar zu Nachbarin. Es sieht ja aus, als müssten wir es in der nächsten Zeit miteinander aushalten. Da ist es ganz gut, wenn man sich versteht.« Er grinste noch stärker. »Und so kann man sich auch mal ein Ei oder etwas Salz borgen.«
Irgendwie kommt er doch ganz symphytisch herüber, dachte sich Katja und schlug in die dargebotene Hand ein. »Ich bin Katja. Als Physiotherapeutin bin ich den ganzen Tag unterwegs. Das mit dem Salz und dem Ei klappt also nur am Abend«, grinste sie zurück.
Leider war damit das Gespräch schon zu Ende, denn Georgs Handy klingelte. Er zog es aus der Hosentasche und warf einen Blick darauf, während sich sein Gesicht verfinsterte. Mit einer bedauernden Handbewegung verabschiedete er sich und lief ins Haus, während er ziemlich unwirsch seinen Gesprächspartner begrüßte. Katja hätte zu gern gewusst, ob das die Carsta war. Als sie merkte, dass sie voller Neugierde über den Zaun starrte, musste sie über sich selber den Kopf schütteln. Dieser Georg nahm viel zu viel Raum in ihren Gedanken ein. Nur weil er nett zu Katzen war und einen Musikgeschmack hatte, der ihrem glich, war das noch lange kein Grant für eine gute Nachbarschaft. Und überhaupt, wer sein Leben mit so einer garstigen Frau teilt, bei dem sollte man lieber vorsichtig sein.
Später, als sie im Bett lag, wartete sie vergeblich auf die sanften Klänge der irischen Musik. Kein Ton klang durch die Wand. War Georg ausgegangen? Und wohin ging man denn an einem Abend in Kuhfahl? Hier gab es keine Kneipe und im Gemeindehaus war heute auch nichts los. Das hätte sie ja mitbekommen. In so einem Dorf blieb nicht verborgen. Manches dauerte ein bisschen länger, wie die Geschichte mit dem Bestsellerautor Veller Hunt zeigte, bei dem ihre Freundin Alexandra arbeitete. Aber irgendwann kam alles raus. Ohne sich einzugestehen, dass sie mehr als normal an ihrem Nachbarn interessiert war, schlief Katja ein. Im Traum war sie wieder am Königsgrab. Diesmal aber nicht mit Alexandra, sondern mit Georg und dem Kater. Während sie eine Decke ausbreitete und Schüsseln und Teller für ein Picknick ausbreitete, kam ein großer Kolkrabe herangehüpft. Genau so ein Tier hatte sie damals bei ihrem Ausflug beobachtet. Sie konnte sich noch gut an die klugen schwarzen Augen des Vogels erinnern. Doch dieser hier hatte rote Augen, die böse funkelten. Während der Rabe immer näher kam, schien er zu wachsen und sich zu verändern. Auf einmal war es gar kein Rabe mehr, sondern Carsta, die mit schriller Stimme etwas schrie.
Katja schrak mit klopfenden Herzen aus dem Schlaf und setzte sich im Bett auf. Der Carsta-Rabe war verschwunden. Aber die keifende Stimme blieb. Georgs Verlobte war gekommen.

Hier geht es zur Geschichte von Alexandra auf Amazon.
Nachzulesen in „Altes Haus und neues Glück“. (Gibt es auch auf Thalia, Weltbild und im Buchhandel.)

alteshaus

 

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